Haushaltsrede 2025
Sehr geehrte Verwaltungsspitze,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
liebe Gerlingerinnen und Gerlinger,
die neu zusammengesetzte Fraktion der Jungen Gerlinger besteht aus 4 sportbegeisterten jungen Gerlingerinnen und Gerlingern. Deshalb lautet das Motto unserer diesjährigen Haushaltsrede „Sport“.
Ohne große Vorberichterstattung oder Aufwärmen werfen wir zunächst direkt einen Blick auf ein paar wenige Eckdaten:
In Bezug auf unsere Haupteinnahmequelle, die Gewerbesteuer, scheint der akute Abstiegskampf der vergangenen Jahre überwunden. Wir streben konstante nächste Spielzeiten auf einem akzeptablen Niveau im Mittelfeld bei ca. 27,5 Mio. € an. Um es klar zu sagen: Vom europäischen Geschäft oder gar der Champions League wie noch vor 5-10 Jahren sind wir weit entfernt, im Sinne unserer schwäbischen Bescheidenheit aber ein Niveau, über das wir nicht bruddeln sollten.
Die zweite Kennzahl, die ins Auge sticht, ist die Null an im Haushalt 2025 veranschlagten Kreditermächtigungen. Auf den ersten Blick könnte man also meinen, wir starten von der Pole Position aus ins Rennen. Aber es ist Vorsicht geboten: Aus der Vorsaison schleichen sich 6,5 Mio. € an verfügbaren, nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen an und warten
nur auf ihre Einwechslung. Deshalb: Ein Spiel dauert immer 90 Minuten und ist erst vorbei, wenn der Schiri abpfeift. Freuen, dass wir dieses Jahr keine neuen Schulden begründen, dürfen wir uns erst, wenn und sofern wir das Jahr 2025 ohne Rückgriff auf die letztjährige verbleibende Kreditermächtigung gestalten können.
Das prognostizierte konstant etwas negativ veranschlagte Ergebnis in den nächsten Jahren von jeweils ca. -2,5 Mio. € möchten wir als unschöne Statistik bewertet lassen. Am Ende ist schließlich egal, wer Herbstmeister wird, entscheidend ist die Tabelle nach dem letzten Spieltag. Durch eine Fortführung des Konsolidierungsprozesses können wir uns hier noch weiter verbessern. Und am Ende werden wir in der Tabelle daran gemessen werden, ob wir die Prioritäten richtig gesetzt haben, ob es uns gelingt, wie bereits erwähnt, ohne Inanspruchnahme der Vorjahres-Kreditermächtigung auszukommen, ob die Umsetzung des Investitionsprogrammes möglichst vollständig gelingt, ob wir die veranschlagten Erträge realisieren können, ob der Zahlungsmittelüberschuss aus dem Ergebnishaushalt wie geplant eintritt oder im besten Falle noch optimiert werden kann, ob wir durch unvorhergesehene Ereignisse oder geänderte Rahmenbedingungen Auswechslungen oder Taktikänderungen vornehmen müssen, ob wir durch weitere landes- oder bundesgesetzliche Vorgaben zu bestimmten Spielzügen, ohne sie vom Vorgabengeber angemessen finanziert zu bekommen, gezwungen werden oder unser kommunales Selbstverwaltungsrecht unbeeinträchtigt ausüben dürfen, und auch, ob wir als Stadt und Stadtgesellschaft das Jahr zwar als Wettbewerb um eine positive Entwicklung Gerlingens bestreiten, dies aber stets im Sinne des Sportgeistes als fairen Wettbewerb ohne Unsportlichkeiten tun.
So viel zur Einleitung. Wir starten ins Match, der Anpfiff ertönt.
Direkt zu Beginn gleich die erste große Aufregung des Spiels: Gemäß den im letzten Jahr veröffentlichten Zensusergebnissen hat Gerlingen urplötzlich ca. 1.100 Einwohner weniger. Ein wahrlich erstaunliches Ergebnis. Da hat wohl jemand den Zensus mit dem DFB-Pokal verwechselt, in dem bekanntlich alles möglich ist und Sensationen immer mal wieder vorkommen. Mittelfristig bedeutet das für Gerlingen über eine halbe Million € im Jahr weniger an Mitteln aus dem Finanzausgleich. Für uns ein glasklarer Fall für den VAR. Wir fordern den Videobeweis an! Und weil wir aus dem Kölner Keller lang dauernde Entscheidungen gewohnt sind, stellen wir uns schon mal darauf ein, dass sich dieser Videobeweis eine Weile hinziehen wird.
Dennoch bleibt uns nichts anderes übrig, wir halten an unserem Matchplan für 2025 fest: Dieser sieht einige Investitionen in unsere Straßeninfrastruktur sowie Regenüberlauf- und Regenrückhaltebecken vor. Dies begrüßen wir ausdrücklich, gerade in einem Jahr wie 2025, in dem städtebaulich keine ganz großen Maßnahmen anstehen, weil sich diese größtenteils noch in der Planungsphase befinden, ist es gut, sich mit Vollgas der Instandsetzung unserer vorhandenen Hochwasserschutzeinrichtungen und Straßen zu widmen. Das diesjährige Highlight an Straßensanierungen ist zweifellos die Schulstraße zwischen Kirch- und Querstraße, welche im Zuge des barrierefreien Ausbaus der Bushaltestelle „Gerlingen“ erfolgt. Knapp eine Million € wird uns diese Maßnahme kosten. Der barrierefreie Ausbau unserer Bushaltestellen schreitet damit stetig voran. Wir sind froh, dass wir bei diesem Marathonlauf bisher konstant die Geschwindigkeit halten konnten und einen Großteil der Strecke, also unserer
Bushaltestellen, schon überwunden haben.
Bei der Umsetzung des Mobilitätskonzeptes hingegen befinden wir uns noch in der Vorrunde. Nachdem die Qualifikation, der Beschluss des Umsetzungskonzeptes, im Jahr 2023 gelang, ist der große Wurf in 2025 nicht absehbar. Hoffen wir also auf einen 9 Darter, dies könnte die Einführung einer Anwohnerparken-Regelung im Gehenbühl sein, im nächsten Jahr. Wir verbinden damit die Hoffnung, dass zahlreiche zweckentfremdete Garagen wieder im Sinne des Erfinders genutzt werden. Der Parkplatz-Suchverkehr im Innenstadt-Dreieck erinnert bisweilen ans Strafrunden-Laufen beim Biathlon. Diesen könnte man bekanntermaßen durch die Anpassung der Innenstadt-Parkregelungen reduzieren. Dadurch würde die ein oder andere Strafrunde entfallen und für den ein oder anderen Boxenstopp direkt die Rathaus-Tiefgarage angesteuert werden.
Eine Niederlage erleben dieses Jahr die zahlreichen Gerlingerinnen und Gerlinger, die sich nach dem Biergarten im Hirsch sehnen. Gemäß den letztjährigen Haushalten war die Sanierung des Areals für die Jahre 2025 bis 2027 vorgesehen. Ihre Hoffnung, ab 2028 ihre Stammtische, Familientreffen, etc. wieder dort abhalten zu können, wird nun allerdings mit einer brutalen Blutgrätsche jäh zunichte gemacht. Die Sanierung fliegt zu unserem Bedauern aus dem Haushalt 2025 und der mittelfristigen Finanzplanung. Auch die Wiedereröffnung des Biergartens im Grimmle rechtzeitig zum Beginn der
Freiluftsaison ist zum jetzigen Zeitpunkt ungewiss.
Viel Ausdauer ist gleich bei mehreren Maßnahmen im städtischen Haushalt gefragt. So zum Beispiel bei der Umrüstung unserer Straßenbeleuchtung auf LED oder beim wichtigen Ausbau von PV-Anlagen, welcher dieses Jahr auf der Stadtbücherei und einem der Baubetriebshofgebäude erfolgen soll. Antrainiert haben wir uns die Ausdauer in den letzten Jahren und Jahrzehnten bei der Verwirklichung des Neubaugebietes Bruhweg II. Ein Saisonziel, also Datum, wagen wir uns diesbezüglich nicht zu formulieren, erkennen aber die im letzten Jahr erreichten Etappenziele, wie den Beginn der Umlegungsgespräche, an.
An der richtigen Aufstellung feilen wir noch beim Alten Rathaus und der Mensa. Die Grundsatzentscheidungen sind schon gefallen, die Feinplanung ist im Gange. Hier geht es nun darum, diese in 2025 abzuschließen, um dann in 2026 in die Umsetzung zu kommen.
Der fragwürdigste Haushaltsansatz 2025 ist für uns die bereitgestellte eine Million € für das Stadtmuseum. Die Geschwindigkeit, mit der die Machbarkeitsstudie erstellt und der für uns unlogische 1. Bauabschnitt verwirklicht wird, kommt im Vergleich zur Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses einem Homerun gleich. Wirft man einen Blick in die vergangenen Haushaltspläne, sind schon seit 5 Jahren Planungen und Machbarkeitsstudien für unser Feuerwehrgerätehaus am Laufen. Was für eine mega Nachspielzeit! Wie schmerzhaft muss für unsere Feuerwehrler ein nachträglicher Blick in den Haushalt 2022 sein, welcher von einer Fertigstellung in 2025 ausging. Stattdessen muss sich unsere Feuerwehr schon viel zu lange mit Kreisliga-Umkleiden und -Duschen begnügen. Ein wahres Glück, dass bei diesen Zuständen noch keine ernsthaften Verletzungen bei der Einsatzabteilung eingetreten sind. Im Vergleich der beiden angesprochenen Projekte stellen wir uns schon die Frage und zweifeln an, ob hier die Prioritäten, sowohl an eingesetzten Mitteln als auch an auf städtischer Seite vorhandenen Personal-Kapazitäten, richtig gesetzt sind.
Bevor nun in Bälde der Abpfiff ertönt ist eines bisher auf der Strecke geblieben. Zwar dreht sich unsere gesamte Haushaltsrede um den Sport, im Haushalt selbst finden sich aber keinerlei Mittel für die Umsetzung der im ersten Halbjahr 2025 stattfindenden Sportstättenkonzeption. Im Gemeinderat ist erfreulicherweise Konsens, dass beispielsweise schleunigst Bedarf an einem Kunstrasenplatz besteht, weil der auf der Schillerhöhe komplett abgenutzt und nicht mehr bespielbar ist. Auch wenn derzeit noch völlig offen ist, ob wir ihn sanieren oder an anderer Stelle neu bauen, steht fest, dass hier in jedem Falle Geld in die Hand genommen werden muss, wie viel auch immer das dann letztendlich sein mag. Auch der Bedarf an informellen Sportplätzen, insbesondere eines Tartan-Bolzplatzes, nachdem vor einigen Jahren derer zwei im Breitwiesen entfallen sind, ist für uns klar. So auch dem Jugendgemeinderat, der dieses Jahr 30-jähriges Jubiläum feiert und genauso wie wir Junge Gerlinger schon vor knapp einem Jahr und damit zu Beginn seiner Amtszeit den Bau eines Tartanplatzes beantragt hat. Im November wird ein neuer Jugendgemeinderat gewählt, wir finden, es muss nicht das Ergebnis der Sportflächenkonzeption abgewartet werden, um seinen Antrag zu behandeln, zumindest aber darf ein Antrag, den ein Jugendgemeinderat am Anfang seiner Amtszeit stellt, nicht seine ganze Legislaturperiode unbehandelt bleiben. Auch für dieses Vorhaben wäre die Bereitstellung von entsprechenden Mitteln in unseren Augen geboten. In der Haushaltsvorberatung haben wir beantragt, eine Million € für die Umsetzung der Sportflächenkonzeption im Investitionsprogramm 2026 bereit zu stellen. Unser Antrag wurde
im Finanz-, Verwaltungs- und Sozialausschuss leider geschlossen abgelehnt. Wir halten ihn aber für richtig, die Umsetzung der Sportflächenkonzeption hat für uns sehr hohe Priorität und gehört schon im diesjährigen Haushalt im Investitionsprogramm, welches die politische Agenda der kommenden Jahre darstellt, verankert.
Deshalb wiederholen wir hiermit unseren Antrag aus der Haushaltsvorberatung und beantragen: „Die Umsetzung der Sportflächenkonzeption wird im Investitionsprogramm verankert. Hierfür wird in der Finanzplanung 2026 eine Million € bereitgestellt“. Auch wenn wir noch überhaupt nicht wissen, wo und in welcher Art und Weise unsere Sportflächenentwicklung letztendlich stattfindet, sollte dieser Betrag wenigstens für die Finanzierung der kleinstmöglich denkbaren Lösung, die Sanierung des Kunstrasens auf der Schillerhöhe, ausreichen. Von der Zeitschiene her sollte das Jahr 2026 zumindest für den Umsetzungsbeginn durchaus ein – wenn auch ambitioniertes – Ziel sein, wenn doch im Sommer 2025 die Konzeption vorliegt und im 2. Halbjahr 2025 dann in die Umsetzungsplanung gegangen werden kann.
Um eine Verwarnung wegen Zeitspiels oder Spielverzögerung zu vermeiden, beenden wir an dieser Stelle unsere Haushaltsrede und danken der Verwaltung und insbesondere der Stadtkämmerei für die Aufstellung des Haushalts. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.