Es wird (hoffentlich) spannend… [GAZ]

In seiner Juli-Sitzung verabschiedete der Gemeinderat mehrheitlich die übergeordneten Ziele, die wir mit unserem Mobilitätskonzept erreichen wollen. Für uns Junge Gerlinger ist dieser Beschluss derzeit noch mit gemischten Gefühlen verbunden, was sich auch in unserem Abstimmungsverhalten an diesem Abend ausgedrückt hat.

Kurz gesagt haben wir uns auf ein „zentrales Wirkungsziel“ sowie fünf Ziele für die fünf Arten der Basismobilität geeinigt (die detaillierte Vorlage kann im Bürgerinfoportal unter „GR-Sitzung am 19.07“ nachgelesen werden). Die fünf Ziele sind recht offen und allgemein formuliert. Ehrlicherweise findet sich darunter wohl kaum etwas, woran irgendjemand Anstoß nehmen könnte – denn wer ist schon gegen „Design für alle“ beim Fußverkehr, das Denken des Radverkehrs als System, die Stärkung des ÖPNVs, Optimierung des Autoverkehrs oder die Vernetzung von Verkehrsträgern? Mich stört viel mehr das, was es nicht in die Ziele geschafft hat: die unangenehme Wahrheit, dass wir den fließenden und insbesondere den ruhenden PKW-Verkehr massiv reduzieren müssen. Der Grund dafür ist simpel: Wir haben in Deutschland Jahrzehnte der autogerechten Stadtplanung hinter uns, in denen der Straßenraum stets zugunsten des Automobils und zulasten anderer Mobilitätsarten aufgeteilt wurde. Studien belegen deutlich: Wer autogerecht plant, erzeugt auch mehr Autoverkehr. Wir müssen zukünftig also einen anderen Weg einschlagen, wenn wir es ernst meinen mit unseren Zielen. Eine Stärkung der übrigen Verkehrsteilnehmer bedeutet zwangsläufig eine Schwächung (wenn auch sicherlich kein Verschwinden) des Automobils.

Nur teilweise Zustimmung hat von unserer Fraktion auch das definierte übergeordnete Wirkungsziel erhalten: Der Anteil der Wege, die mit dem Umweltverbund (Fußverkehr, ÖPNV, Rad) zurückgelegt werden soll von 52% (2021) auf 60-65% im Jahr 2035 steigen. Daran gibt es erstmal ebenfalls nichts zu beanstanden – allerdings traue ich den Gerlinger·innen mehr zu.

Das gesetzte Ziel strahlt den Geist von „Lieber setzen wir uns ein kleineres Ziel, das wir auch ganz sicher erreichen“ aus. In meinen Augen sprechen zwei Gründe dafür, sich ein ambitionierteres Ziel zu setzen:

  • Wer sich große Ziele setzt, ist automatisch gezwungen den Weg dorthin genauer zu durchdenken und Indikatoren auszuwählen, mit denen der Fortschritt zu verschiedenen Zeitpunkten beurteilt werden kann. Das stellt sicher, dass man am Ball bleibt und eine Kurskorrektur vornimmt, wo es notwendig ist.
  • Um große Ziele zu erreichen, müssen sich mehr Personen beteiligen. Das gilt sowohl innerhalb der Verwaltung (z.B. wird mehr interdisziplinäre und ämterübergreifende Zusammenarbeit notwendig) als auch über das Rathaus hinaus in die Bürgerschaft hinein. Der/die Einzelne ist motivierter, seinen/ihren Teil beizutragen, wenn klar kommuniziert wird, dass ein ambitioniertes Ziel nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung erreicht werden kann.

Auch nach fast zwei Wochen weiß ich daher noch nicht so recht, was ich von unserem Zielkonzept halte. Einen Großteil dessen was dort steht, teile ich sicherlich. Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass wir uns derzeit noch auf dem Weg des kleinsten gemeinsamen Nenners befinden.

Der nächste Schritt ist nun, Maßnahmen auszuwählen, mit denen wir die genannten Ziele erreichen wollen. Spätestens dabei wird es dann (hoffentlich) konkret und mit Sicherheit steht uns dabei die eine oder andere hitzige Debatte bevor. Darauf setzen wir unsere Hoffnungen – wir werden gespannt und motiviert mit dabei sein. Womöglich steht am Ende das seit 2018 von uns geforderte Anwohnerparken mit Parkraummanagement auf der Maßnahmenliste? Man wird ja wohl noch träumen dürfen… 😉

Für die Jungen Gerlinger
Judith Stürmer