Quote für sozialen und bezahlbaren Wohnraum in Gerlingen [GAZ]

Im vergangenen TA sowie in der Gemeinderatssitzung diesen Mittwoch diskutierten die Stadträt×innen über die Ausgestaltung der Sozialbauverpflichtung in Gerlingen. Dass diese kommen würde, war bereits im Eckpunktepapier zum Thema Bauen und Wohnen beschlossen worden – wann und wie genau die Quote greifen sollte, war aber noch zu regeln.

Grundsätzlich kann die Verpflichtung nur dann angewendet werden, wenn die Stadt in irgendeiner Form Einfluss auf ein Bauprojekt hat – z.B. wenn sie selbst ein Grundstück verkauft oder verpachtet oder wenn für ein Bauprojekt neues Baurecht geschaffen wird. In der Realität wird die Sozialbauverpflichtung also nur einen Bruchteil der tatsächlich umgesetzten Bauprojekte betreffen.

Mit der Quote von 20% soll sowohl sozialer, als auch bezahlbarer Wohnraum entstehen. Der Unterschied zwischen den beiden Formen liegt darin, dass für sozialen Wohnraum eine Miete angesetzt wird, die mind. 33% unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, während die Miete beim bezahlbaren Wohnen nur 15% unter diesem Wert bleiben muss. Für den Einzug in sozialen Wohnraum wird zudem ein Wohnberechtigungsschein benötigt, während die Zielgruppe des bezahlbaren Wohnraums flexibler ist – hier sollen u.a. Menschen erreicht werden, die die Kriterien für einen Wohnberechtigungsschein gerade so nicht erfüllen. Wer von der Sozialbauverpflichtung betroffen ist, muss auf mindestens einem Drittel der neuen Wohnfläche soziales Wohnen ermöglichen, auf maximal zwei Drittel der Fläche bezahlbares Wohnen. Die exakte Aufteilung kann je nach Fall flexibel gewählt werden, sofern sie sich innerhalb dieses Rahmens bewegt.

Über all diese Punkte bestand Einigkeit im Gemeinderat – ebenso wie zur Tatsache, dass die Sozialbauverpflichtung erst bei Bauprojekten „einer gewissen Größe“ zum Tragen kommen sollte. Was genau diese „gewisse Größe“ ist, wurde allerdings unterschiedlich gesehen. Der Vorschlag der Verwaltung war, dass die Verpflichtung ab 300qm neu geschaffener Wohnfläche greift. In einem Neubau von exakt 300qm müssten damit 60qm sozialer / bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden – bei größeren Neubauten analog mehr. Für einige Mitglieder des Gremiums war der Wert von 300qm zu niedrig. Sie setzen sich für einen höheren Wert ein, was schon in der Vorberatung im Ausschuss zu einer lebhaften Debatte führte. Wir Junge Gerlinger vertreten den Standpunkt: Besonders wenn man bedenkt, dass die Quote nur auf wenige Bauprojekte anwendbar sein wird, sollte man den „Startwert“ nicht höher als 300qm ansetzen. Welcher Quadratmeterzahl sich im Gemeinderat schlussendlich durchsetzen konnte, steht zum Zeitpunkt des GAZ-Redaktionsschlusses noch nicht fest.

Unsere Fraktion mag Diskussionen und Auseinandersetzungen zu solchen Fragen – denn selbst wenn man die eigenen Ansichten manchmal nicht durchsetzt, zeigt sich die Vielfalt und Lebendigkeit unserer Demokratie daran. Obwohl die Sozialbauverpflichtung viele Facetten hat, wurde hier nicht über eine Kleinigkeit diskutiert: Von der Entscheidung, was ein Neubauprojekt „einer gewissen Größe“ ist, sind viele Menschen betroffen – Bauherr×innen und potentielle Mieter×innen. Daher haben wir uns auch mit viel Energie für unseren Standpunkt eingesetzt. Diese Debatte sollte aber nicht überschatten, dass die Verabschiedung der Sozialbauverpflichtung grundsätzlich ein sehr wichtiger Schritt ist, um mehr Menschen das Leben in Gerlingen zu ermöglichen. Das ist essenziell für unsere Stadtgesellschaft – denn sonst nehmen wir in Kauf, dass ganze Gesellschaftsschichten sich das Leben hier nicht mehr leisten können und aus unserer Stadt verdrängt werden. Das darf nicht geschehen. Mit der Sozialbauverpflichtung ist es uns gelungen, einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten.

Für die Jungen Gerlinger
Judith Stürmer