Bequemlichkeit siegt? [GAZ]

In der vergangenen Gemeinderatssitzung wurde das Versorgungskonzept für die zukünftige Mensa vorgestellt. Die Basis für das Konzept wurde an einem Runden Tisch erarbeitet, an dem alle am Schulleben Beteiligten anwesend waren – ein gutes Vorgehen, wie wir finden. Trotzdem hat der Großteil unserer Fraktion dem Konzept nicht zugestimmt. Was ist der Grund dafür?

Wir Junge Gerlinger haben schon seit 2014 klar gemacht, dass wir nicht für eine Lösung die auf den Produktionsformen “cook&chill” oder “cook&freeze” basiert, – das bedeutet, fertiges Essen wird gekühlt angeliefert und in der Mensa wieder erwärmt – zu haben sind. Daher war es erstmal erfreulich, als im neuen Konzept das Wort “Mischküche” zu finden war. Vor Ort frisch zubereitetes Essen? Genau das, was wir uns vorstellen! Bei genauerem Hinsehen wurde aber klar, dass die Versorgung zum größten Teil weiterhin auf “cook&chill” und “cook&freeze” basiert und nur mit einzelnen frischen Elementen garniert wird. Das ist nicht das, was wir uns für die Gerlinger Schüler:innen wünschen.

Darüber hinaus werden im Konzept die Qualitätsstandards der Gesellschaft für Ernährung angeführt, dann aber überhaupt nicht ernst genommen. Statt der Empfehlung zu folgen, wird die dreifache (!) Menge Fleisch im Speiseplan vorgesehen. Das können wir aus zwei Gründen nicht unterstützen: Einerseits, weil das nicht die Basis einer gesunden Ernährung ist, andererseits weil Fleisch ein enorm klimaschädliches Nahrungsmittel ist (Stichworte: Treibhausgasemissionen durch Massentierhaltung und Überfischung der Ozeane). Im Konzept selbst steht, dass die “Bevorzugung pflanzlicher Lebensmittel” das höchste Einsparpotential für Umweltbelastungen bietet. Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass Ernährung umweltfreundlicher ist, je höher der Anteil pflanzlicher Lebensmittel ist. Diese Tatsache wird im Verpflegungskonzept aber in keiner Weise berücksichtigt. Letztendlich werden wir mit dem vorgeschlagenen Konzept keines der vier Ziele der DGE für eine nachhaltigere Ernährung erreichen.

In einer Gesellschaft, die immer ungesunder und übergewichtiger wird, sollten Kinder von klein auf lernen, wie gesunde Ernährung aussieht und vor allem wie lecker sie schmecken kann. Gerade in der schulischen Umgebung muss man zudem bedenken, dass die Wahl der Mahlzeit die Konzentrationsfähigkeit und das allgemeine Wohlbefinden stark beeinflussen – weitere Gründe, hier ganz genau hinzuschauen. Wir teilen den Wunsch, dass das Essen lecker und attraktiv sein muss – und wir sprechen uns auch nicht für eine rein vegane oder vegetarische Mensa aus. Wenn aber im Konzept pauschal behauptet wird, dass eine vegetarische/vegane Küche nicht lecker und ansprechend für Kinder und Jugendliche sein kann, dann ist das zu kurz gedacht.

Unsere Ablehnung warf schon in der Sitzung die Frage auf: Sind uns die Ergebnisse des Runden Tischs egal (unter anderem dort wurde die große Anzahl an Fleischgerichten gefordert)? Nein, sind sie nicht. Aber Menschen zu beteiligen bedeutet nicht, alle geäußerten Wünsche und Vorstellungen umzusetzen, ohne sie zu hinterfragen (eine Tatsache, an die uns auch Stadtverwaltung und Kolleg:innen im Gemeinderat bei anderen Gelegenheiten gerne erinnern). Beteiligung bedeutet, dass diejenigen, die eine Entscheidung betrifft, frühzeitig angehört werden, ihre Anregungen einbringen können und ernst genommen werden. Das Ergebnis von Beteiligung ist aber so gut wie nie, dass uneingeschränkt alle Anregungen übernommen werden. Vielmehr ist es ganz normal, dass ein Teil der Vorschläge seinen Weg ins Endergebnis findet, andere Wünsche aber mit einer guten Begründung nicht erfüllt werden.

Wir müssen abwägen zwischen dem, was einfach und unkompliziert gut ankommt und dem, was unsere Verantwortung als Schulträger und fairtrade Stadt ist – auch wenn uns dieser Weg vor größere Herausforderungen stellt. Unserer Meinung nach werden wir dieser Verantwortung mit diesem Verpflegungskonzept nicht gerecht.

Lukas Kuntz und Judith Stürmer