Finanzielle Bruchlandung nach jahrelangem Höhenflug endet in Steuererhöhungen [GAZ]

2014 begann für die Stadt Gerlingen ein finanzieller Höhenflug. Durch die Ansiedlung von ertragsstarken Unternehmen konnten insbesondere die Gewerbesteuereinnahmen vervielfacht werden und schnellten bis einschließlich letztes Jahr für eine Stadt in Gerlingens Größe in himmlische Sphären. Und das mit einem landesweit einmalig niedrigen Gewerbesteuer-Hebesatz, von dem seither alle Gerlinger Einzelhändler und Unternehmen profitieren. Die luxuriöse Finanzlage kam uns allen zugute: Das Familienzentrum konnte ohne Fremdkapital gebaut werden und zahlreiche städtische Gebühren und Entgelte (z. B. Kindergarten- und Krippengebühren, Verwaltungsgebühren, Hallennutzungsentgelte, Eintrittsgelder Schwimmbad) sind seit Jahren in ihrer Höhe unverändert.

Dass sich die Stadt im Jahr 2020 in einen finanziellen Sinkflug begibt war absehbar und einkalkuliert, dass dieser in einer wahren Bruchlandung enden würde jedoch nicht. Lediglich der hervorragenden Ausgangslage (Anfang 2020 verfügte die Stadt über gut 75 Millionen € angesparten Liquiditätsreserven), mit der wir in die Krise starteten, ist es zu verdanken, dass wir bei „gutem“ weiteren Verlauf unsere beiden Großprojekte (Kernsanierung + Erweiterung Realschule und neue Dreifeldsporthalle in den Breitwiesen) aus eigener Tasche zu Ende finanzieren können.

Der Grund für die finanzielle Zeitenwende, mit der die Stadt Gerlingen nun leben muss, ist im Wesentlichen der Rückgang der städtischen (Steuer-) Einnahmen. Konjunkturell bedingt waren bereits im Jahr 2020 weniger Gewerbesteuer-Einnahmen geplant, Corona verschärfte diesen Rückgang nun nochmal deutlich. So stehen im Jahr 2020 allein in der Gewerbesteuer weniger als die Hälfte der Vorjahreseinnahmen zu Buche. Leider (da konjunkturell bedingt) wird das auch in den Folgejahren Bestand haben, selbst wenn die Corona-Krise hoffentlich irgendwann vorüber geht. Auch zahlreiche anderen für die Stadt wichtigen Einnahmen brechen ein und verbleiben solange sich der Corona-Virus umtreibt auf einem geringeren Niveau. Gleichzeitig steigt unsere Umlagebelastung (Kreis- und FAG-Umlage) in diesem und nächstem Jahr auf ein historisches Rekordhoch. Das gepaart mit den einbrechenden Einnahmen und den Rekordinvestitionen in die Realschule und Sporthalle führt zu der beschriebenen finanziellen Schieflage.

Klar ist, dass wir hier gegensteuern müssen. Neben dem Hinterfragen von Ausgaben auf deren Notwendigkeit kommen wir nicht umher, unsere Einnahmen zu erhöhen. Neben der Einsicht, das tun zu müssen sind wir auch gesetzlich dazu verpflichtet. Deshalb werden wir im kommenden Jahr über die Erhöhung von einigen Gebühren und Entgelten diskutieren müssen. Bereits zum 01.01.2021 wird die Stadt nun die Hunde-, Vergnügungs- und Gewerbesteuer erhöhen. Insbesondere die Erhöhung der Gewerbesteuer um 30 Prozentpunkte wird einen wichtigen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten (2,5 Millionen € Mehreinnahmen). Nach der Erhöhung haben wir immer noch den niedrigsten! Gewerbesteuer-Hebesatz im Landkreis. Gerlingen bleibt somit weiterhin ein attraktiver Standort für alle Einzelhändler und Unternehmen.

Schlussendlich bleibt also festzustellen:

Bei all der Misere geht es uns immer noch vergleichsweise gut. Die Stadt muss sich zwar auf langfristig niedrigere (Gewerbesteuer-)Einnahmen einstellen, sie brechen aber dennoch nicht gänzlich weg, sondern pendeln sich auf einem für unsere Stadtgröße normalen Niveau ein. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, unseren Gerlinger Standard dementsprechend auf ein normales Niveau herunterzufahren.

Wir Junge Gerlinger tragen die Steuererhöhungen aus vorgenannten Gründen weitestgehend mit und beteiligen uns weiterhin aktiv beim Erspähen von Einsparmöglichkeiten.

Für die Fraktion der Jungen Gerlinger

Manuel Reichert