Haushaltsrede 2024
Hinweis: Wer die Haushaltsrede lieber anhören als selbst lesen möchte, kann das gerne tun. In einer Sonderfolge unseres Podcasts KomPod hat Manuel Reichert die Rede aufgenommen. Die Folge gibt es hier zum Anhören!
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Sehr geehrte Verwaltungsspitze,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
liebe Gerlingerinnen und Gerlinger,
letztes Jahr handelte unsere Haushaltsrede von einem Festival und auch dieses Jahr wollen wir dem Thema Musik in unserer Haushaltsrede treu bleiben. Angepasst an das für einen Jungen Gerlinger fortgeschrittene Alter des diesjährigen Redners geht es dieses Jahr hauptsächlich um Schlager, Evergreens, und Klassiker.
„Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“ Diese Frage müssen wir uns in der heutigen Zeit nicht mehr stellen. Die Erderwärmung mit beinahe jährlichen Rekordsommern ist längst Realität geworden. Und weil uns „Die Hölle morgen früh“ nicht egal sein darf, hat die Stadt Gerlingen in 2023 einiges getan, um ihren Teil zum Klimaschutz beizutragen. Die neue PV-Anlage auf dem Dach der Realschule sorgt für erneuerbar erzeugten Strom, wenn die Sonne von „Über den Wolken“ aus herunterbrutzelt. Das auf den Weg gebrachte Förderprogramm für Balkon-PV-Module erfreut sich großer Beliebtheit. Es ist gut, dass auch in den Jahren 2024 – 2027 jährlich 200.000 € für weitere PV-Anlagen auf städtischen Gebäuden bereitgestellt werden. Wichtige Beschlüsse ganz im Sinne der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes, die wir sehr gerne mitgetragen haben, waren unter anderem die Bewirtschaftung des Waldes gemäß den Förderbestimmungen zum Klimanagepassten Waldmanagement, die Wärmeversorgung des Neubaugebietes Bruhweg II mittels Abwasserwärmerückgewinnung zu planen und das Neubaugebiet als Schwammstadt auszugestalten. Bei der ersten Frühjahrs-Flurputzete wurde ganz viel „Müll, Müll, Sondermüll“ gesammelt – mir hen’s halt gern sauber. Besonders gefreut hat uns, dass unser Antrag auf Ausweitung des Biotops am Aischbach Erfolg hatte und angenommen wurde. Ein kleiner Schritt für das gesamte Aischbach-Areal, ein großer für die dortige Artenvielfalt. Dennoch liegen manchmal Licht und Schatten nah beieinander. So flogen die seit Jahren bereitgestellten und leider unangetasteten Mittel für die restliche Komplettrenaturierung des Aischbachs aus dem Haushalt 2024. Sehr schade, denn für uns gilt diesbezüglich: „Das was ich will bist du“. Jetzt heißt es für uns für mindestens ein weiteres Jahr jedoch: „Tränen lügen nicht“. Des Weiteren wurde letztes Jahr beschlossen, künftig die Verwendung von Streusalz wieder zuzulassen, wir fragen uns „Warum hast du nicht nein gesagt“.
Die größte Baumaßnahme der letzten Jahre wurde 2023 zum Abschluss gebracht, die Kernsanierung und Erweiterung der Realschule ist vollbracht. Die Schülerinnen und Schüler mögen sich unter Umständen zwar immer noch denken „We don’t need no education“, wir hoffen dennoch, dass es nie heißen wird „Hurra, hurra, die Schule brennt“. Nachdem nun Realschule und Gymnasium saniert und von den Räumlichkeiten her für die Zukunft gerüstet sind, müssen nun noch unsere Grundschulen fit gemacht werden. Für die Sanierung der Pestalozzi-Schule sind im Haushalt für das Jahr 2024 und fortfolgende schon einmal über 1,5 Mio. € bereitgestellt.
Wo bis vor Kurzem noch das Realschul-Interimsgebäude stand, wird bald eine Mensa gebaut. Wir haben uns hier einen Kostendeckel von 5 Mio. € gesetzt. Auch wenn uns die Standort-Diskussion manchmal „Atemlos“ gemacht und uns das ein oder andere Argument gegen unseren ursprünglich favorisierten Standort eher an „Du hast mich 1.000 Mal belogen“ erinnert hat, lautet das Ergebnis: Ende gut, alles gut. Die Nutzbarkeit des Roten Platzes wird nicht beeinträchtigt werden und wir werden ein möglichst nachhaltiges, klimapositives Gebäude mit angemessenen Baukosten an einem geeigneten und guten Standort errichten.
Die Bauweise und der Baustandard der Mensa könnte und sollte Vorbild für alle städtischen Neubauten und Renovierungen werden. Nachhaltig, klimagerecht, schlicht. Anstatt „Aber bitte mit Sahne“ muss es künftig heißen „Scheiß auf Schickimicki“. Unsere finanzielle Situation lässt nichts anderes mehr zu, und auch aus Vernunft und Zukunftsbewusstsein darf es kein anderes Credo mehr geben.
Möglichkeiten danach zu handeln wird es zu genüge geben. Es stehen viele Sanierungen an, die in 2024 teils erst noch geplant, teils auch schon begonnen werden.
Zum Einen sei hier das alte Rathaus genannt, dessen teure Sanierung uns über 3 Mio. € kosten wird. Nach dessen Abschluss im Jahr 2026 wird es zu unserer großen Freude dann durch eine gastronomische Nutzung des Erdgeschosses zu einer Belebung des Rathausplatzes kommen. In welche kulinarische Richtung es geht muss noch entschieden werden, vielleicht wird es ja „Carbonara“, „Griechischer Wein“ oder „Eisgekühlter Bommerlunder“. „Die pure Lust am Leben“ jedenfalls herrscht am Rathausplatz dann nicht mehr nur im Winter wenn die Eisbahn da ist, über die wir uns auch in diesem Jahr wieder freuen würden. Apropos Rathausplatz: Dass dort bereits nach 15 Jahren „Marmor, Stein und Eisen bricht“ ist unrühmlich. Mittel- bis langfristig steht uns hier leider wohl eine größere Sanierung bevor. Es wäre schön, wenn es uns gelingt, in diesem Zuge nicht nur mobiles Grün, sondern festverpflanzte Bäume in ihn zu integrieren.
In einer ähnlichen Größenordnung wie die Sanierung des alten Rathauses bewegt sich die Sanierung des Hirsch-Areals, für die in den nächsten Jahren endlich entsprechende Mittel, es sind über 2 Mio. €, bereitgestellt werden.
Besser spät als nie und hoffentlich nicht „Zu spät“ geht die Planung des Umbaus und der Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses in die finale Phase. Hierfür sind in nächsten Jahren 3,5 Mio. € im Haushaltsplan veranschlagt. Im Zweifel hat der Löschzug unserer Feuerwehr „keine Bremsen“, deshalb sollten wir dringend und mit schnellerem Tempo als bisher die Bedingungen schaffen, die erforderlich sind und unsere Truppe sich redlich verdient. Sie ist auch „Nachts, wenn alles schläft“ immer für uns da. Gleiches gilt selbstredend für das Deutsche Rote Kreuz Gerlingen. „Wir sagen Dankeschön“.
Fleißig saniert werden dieses Jahr auch wieder unsere Straßen und Kanäle. Das ist wichtig und richtig, denn nur durch eine kontinuierliche Sanierung können wir unser Straßen- und Gehwegnetz intakt halten und verhindern einen Sanierungsstau. Wir hoffen, dass die beschlossenen Maßnahmen aus dem Mobilitätskonzept, mit denen beispielsweise der Rad- und Fußverkehr gestärkt werden soll, nun zügig in die Umsetzung gelangen. Dann heißt es nicht mehr nur „Im Wagen vor mir“, sondern auch das Fahrrad vor mir oder der Fußgänger / die Fußgängerin vor mir…
Die für uns fragwürdigste geplante Baumaßnahme mit über 3 Mio. € geschätzten Kosten ist die Sanierung des Stadtmuseums. Unsere Gefühlsschwankungen reichen von „Verdammt ich lieb dich“ bis „ich brauch dich nicht“. Dass eine Sanierung erforderlich ist, ist unbestritten. Ob die Jungen Gerlinger einen Sanierungs-Projektbeschluss angesichts unserer finanziellen Situation allerdings mittragen können oder die Prioritäten anders setzen, werden wir noch abwägen. So sehen wir beispielsweise Bedarf für einen Ersatz der für den Bau der neuen Breitwiesen-Sporthalle gewichenen Tartan-Kleinspielfelder, der bisher nicht veranschlagt ist.
„Weine nicht wenn der Regen fällt“ heißt es in ein paar Jahren, wenn all unsere Regenüberlauf- und Regenrückhaltebecken saniert, sowie das Hochwasserrückhaltebecken Ringstraße gebaut ist. Über 5 Mio. € investieren wir die nächsten Jahre in den Hochwasserschutz. Nicht einmal die „Perfekte Welle“ kann uns dann hoffentlich etwas anhaben.
Dicke Bretter werden dieses Jahr im Bruhweg II gebohrt. Beinahe die Hälfte des Investitionsprogramms 2024 fließt in dortige Grunderwerbe, die Erschließungsplanung und das Bebauungsplanverfahren. Auch wenn es vor Ort noch nicht den Anschein macht, der Spatenstich befindet sich mittlerweile immerhin schon im Finanzplanungszeitraum.
Im Vergleich dazu erscheinen die gut 100.000 €, für die wir aus dem Spielplatz Maulwurf ein „Abenteuerland“ gestalten, wenig Geld, für einen Spielplatz aber dennoch eine beachtliche Summe.
Für „Schatzi schenk mir ein Foto“ muss man künftig nicht mehr aufs Volksfest fahren, im Bürgerbüro wird ein Self-service Terminal aufgebaut. Biometrisches Passbild und Passbeantragung können dann in einem Gang erledigt werden. Ein gutes Angebot für unsere Bürgerinnen und Bürger.
Dass in Gerlingen mietbare Räumlichkeiten für kleinere private Feiern fehlen, ist schon lange ein Problem. Schon oft thematisiert sind wir hier bisher zu keiner Lösung gekommen. „Tausend mal berührt“, tausend Mal ist nichts passiert, mag sich der ein oder andere hier denken. Auch ob der Stadtjugendring und der Jugendgemeinderat sowie der Kleiderladen in diesem Leben noch zu neuen Räumlichkeiten kommen scheint ungewiss. „Weiß der Geier oder weiß er nicht“ sozusagen. Vielleicht kann man sich hier ja Synergieeffekte zu Nutzen machen?
Zum Schluss noch ein Blick auf die nackten Finanzen. Etwas mehr „Money, money, money“ wäre nicht schlecht. Die Gewerbesteuer als Haupteinnahmequelle befindet sich im Jahr 2024 auf dem 10-Jahres-Tief, das geplante Ergebnis verschlechtert sich von 2023-2027 jährlich auf über -5 Mio. €. Unser Haushalt hat ein strukturelles Defizit. Höchste Zeit also für „Steh auf, wenn du am Boden bist“. Der begonnene Weg der Haushaltskonsolidierung muss noch intensiver als bisher beschritten werden, auch wenn uns das mehr als nur „Ein graues Haar“ verursachen wird. Denn müssen die bis 2026 veranschlagten Kreditaufnahmen von 30 Mio. € in voller Höhe getätigt werden, würde uns das nach heutigem Stand ca. 1 Mio. € Zinsen pro Jahr kosten. Dazu fällt einem nur „Wahnsinn“ ein. So weit darf es nicht kommen, mit diesem Geld gibt es so viel anderes zu tun. Einige Ideen waren in dieser Haushaltsrede bereits enthalten.
Mit dem Wunsch nach „Ein bisschen Frieden“ in Europa und in der Welt komme ich zum Ende unserer Haushaltsrede. „Ein Kompliment“ möchten wir schlussendlich noch an die Stadtkämmerei für die Aufstellung der Haushaltssatzung 2024 mit Haushaltsplan, insbesondere für die Einbringung noch im Dezember und die damit verbundene Beschlussfassung gleich in der ersten Sitzung des neuen Jahres, richten.
Und nun sage ich noch Dankeschön für Ihre Aufmerksamkeit.
Manuel Reichert